Dieses Jahr wird das Ende des
Ersten Weltkrieges ein Jahrhundert vergangen sein. Anlässlich dieses Jubiläums
nimmt das Einstein-Gymnasium im laufenden Schuljahr an einem binationalen Geschichtsprojekt
teil. Unsere 15-köpfige Projektgruppe aus „Einstein“-Schülern hat sich deshalb vergangene
Woche mit ihrer Partnergruppe des Lycée Marc Bloch aus Bischheim am EG
getroffen. Neben den begleitenden Lehrern war auch Mireille Hincker als
führende Vertreterin der „Association nationale des grands invalides de guerre“
anwesend, der Organisation, welche das Gesamtprojekt finanziert.
Bereits
im letzten November hatten sich die deutschen und französischen Schülerinnen
und Schüler beider Projektgruppen in Straßburg kennengelernt. Hier fand am
„Monuments aux Morts“ auf dem Place de la République eine zentrale
Gedenkveranstaltung zum Tag des Waffenstillstands von Compiègne am 11. November
1918 statt. Mit ihm endeten die Kampfhandlungen des Ersten Weltkriegs. Mehr als
15 Millionen Menschen waren zu diesem Zeitpunkt Opfer des Krieges geworden.
Das
Gedenken an die unzähligen Tote stand auch im Mittelpunkt des Treffens vergangene
Woche: Die Schülerinnen und Schüler präsentierten sich gegenseitig, welche
Kriegerdenkmäler nach dem Ersten Weltkrieg in Kehl bzw. in verschiedenen
Straßburger Gemeinden entstanden sind, an welchen Orten sie sich heute
befinden, welche Symbolik in ihrer Darstellung verborgen liegt und auch welche
Funktionen sich mit den Denkmälern verbinden lassen.
Als
ersten Beitrag hörten alle Teilnehmer gemeinsam Zeitzeugenaussagen an, in denen
sich sehr alte Kehler Bürger an die Kriegsteilnahme ihrer Väter erinnerten, die
häufig verletzt und gezeichnet von der Front zurückkehrten. Danach begann die
Vorstellung der Kriegsdenkmäler: Eines der beiden Kehler Monumente befindet
sich etwas unscheinbar auf dem Friedhof, wo es 1924 eingeweiht wurde. Die
deutschen Kriegerdenkmäler dieser Zeit erinnern nur ganz selten an das Leid, das
der Krieg den Menschen zugefügt hat. Viele der damaligen Zeitgenossen verbanden
hingegen mit einem Denkmal „die heilige Pflicht, auch durch ragende Male die Erinnerung
wachzuhalten für alle Zeiten an die großen Taten unserer Toten“.
So schließt auch das Denkmal auf dem Friedhof mit einem Stahlhelm ab,
allerdings fehlen dem Lorbeerzweig die Lorbeeren, was gegen eine Glorifizierung
„der großen Taten“ spricht. Den mit Abstand größten Teil der Darstellung nimmt zudem
eine Auflistung der Namen von 344 gefallenen Kehlern ein. Insofern konnte das
Denkmal den Angehörigen
vermutlich als Ort der Trauer dienen, wenn ansonsten kein Grab ihrer
verstorbenen Angehörigen vorzufinden oder es zu weit entfernt war. Dieses
Monument auf dem Friedhof hebt sich deutlich von dem zweiten Kehler
Kriegerdenkmal ab: Das Pionierdenkmal thront seit 1931 im Rosengarten auf einem
hohen Sockel und wirkt deutlich martialischer. Besonders der Vergleich zu den
französischen Kriegerdenkmälern führte vor Augen, dass manche französischen
Pendants durchaus auch Frauen- und Kinderfiguren in den Mittelpunkt der
Darstellung rückten und somit das Augenmerk stärker auf das Leid, die Opfer und
die Hinterbliebenen des Krieges richteten. Zudem befanden sich die französischen
Denkmäler oft an einem zentralen Ort und waren stärker im öffentlichen Bild und
Bewusstsein präsent.
Nach der Präsentation dieser vielseitigen Eindrücke diskutierten
deutsche und französische Schüler schließlich in Gruppen die Frage, ob man
Kriegsdenkmale heute noch errichten sollte und welche Funktion(en) sie für uns
in der Gegenwart noch erfüllen. Dazu entwarfen sie auch kleine Skizzen, in die
sie ihre Vorstellungen einfließen ließen. Auffällig waren bei allen Zeichnungen
die dominante Friedensymbolik und die einträchtige Zusammenarbeit der Schüler.
So kamen die Entwürfe einer Wunschvorstellung gleich, die z.B. bereits von der
Freiburger Stadtverordneten Melanie Mörber im Jahr 1927 in der dortigen Debatte
um ein Denkmal geäußert wurden:
„Wir
haben den letzten Wunsch der Gefallenen, für die Hinterbliebenen zu sorgen, zu
respektieren. Keiner, der sein Leben hingab, wollte von einem Steindenkmal etwas wissen“. Vielmehr
hätten „alle nur die letzte Bitte gehabt: Sorgt für meine Angehörigen! […] Das zu erstellende Denkmal sollte keinen
Stahlhelm tragen, kein Schwert, sondern nur die Namen der großen Zahl der
Gefallenen und die Inschrift: Nie wieder
Krieg!“
[Die Zitate im Text verdanken wir Dr. Ute Scherb, Leiterin von Archiv & Museum der Stadt Kehl. In einer Exkursion im vergangenen Oktober hatte sie auch unserer deutschen Projektgruppe die Kehler Denkmallandschaft anschaulich nähergebracht.]
[HBR]