Französische und deutsche Schüler erkunden den Hartmannswillerkopf

Bereits zum vierten Mal im laufenden Schuljahr haben sich Schülerinnen und Schüler des Einstein-Gymnasiums und des ‚Lycée Marc Bloch‘ getroffen, um sich gemeinsam mit der deutsch-französischen Geschichte auseinanderzusetzen. Die Begegnungen finden im Rahmen des binationalen Geschichtsprojektes statt, das die Schüler schließlich am 14. Juli zu den großen Zeremonien am Nationalfeiertag nach Paris führt. In einer zentralen Veranstaltung wird dort an den Waffenstillstand zwischen beiden Nationen und das Ende des Ersten Weltkriegs vor hundert Jahren gedacht.

Neben den Schülergruppen und den begleitenden Lehrern war auch wieder Mireille Hincker als führende Vertreterin der „Association nationale des grands invalides de guerre“ gekommen, deren Organisation das Gesamtprojekt trägt.

Das Ziel der Projektgruppe war dieses Mal der in den Südvogesen gelegene Hartmannswillerkopf. Die Sinnlosigkeit und das Abschlachten im Ersten Weltkrieg verbindet man oft mit den Kämpfen in Verdun, an der Somme oder der Marne. Weniger bekannt, aber besonders für die deutsch-französische Grenzregion symbolträchtig war die Schlacht um den Hartmannswillerkopf. Der deutsch-französischen Projektgruppe bot sich hier zunächst ein beeindruckender Blick von dem Plateau der Gedenkstätte auf den wieder bewaldeten Gipfel des Berges, auf dem das Kreuz des europäischen Friedens errichtet wurde. Danach stiegen die Schüler in die Krypta hinab, in der die Gebeine tausender namenlos gefallener Soldaten umgeben von einem katholischen, evangelischen und jüdischen Altar ruhen. Zur Symbolik des Ortes gehören hier auch die stets auf den Boden weisenden Schwerter der Statuen und des Reliefs, die das Ende des Krieges bezeugen.

Nach einem Gang über den französischen Nationalfriedhof („Nécropole nationale du Silberloch“) begann der Aufstieg und Rundgang über das damalige Schlachtfeld. Hier stießen die Schüler auf sehr viele Überreste aus den Kriegsjahren. Drahtverhau, Stützen für Stacheldraht, Unterstände und viele hundert Meter Schützengräben, deutsche und französische, die gerade einmal 30 Meter entfernt lagen und bis zu acht Mal vom Kriegsgegner eingenommen wurden. Der weitaus überwiegende Teil der Soldaten fiel dabei im Kriegsjahr 1915, was diesem sehr kurzen Abschnitt der Front Dimensionen verleiht, wie sie sonst nur in Verdun anzutreffen waren. Im Rahmen der Führung wurden den Teilnehmern die Gefahren und Lebensbedingungen, denen die Soldaten ausgesetzt waren, an zahlreichen Abschnitten erläutert. Der Schutz, der in Beobachtungsposten und in den Gräben geboten war, blieb in Anbetracht der aufgebotenen Mittel der industriellen Kriegsführung nur rudimentär. Deutlich zu erkennen war, dass die deutschen Soldaten dabei etwas besser ausgerüstet waren, da der Nachschub, die Ausrüstung und das Material über eine Seilbahn nach oben befördert wurde, so dass die Schützengräben mit festen Mauern intakt gehalten wurden. Auf der französischen Seite wurde alles mit Hilfe von Maultieren auf den Berg gebracht, ein mehrstündiger Marsch unter ständigem Beschuss. Der enge Raum in den Gräben, in denen man sich mit Ratten und allerlei Ungeziefer herumschlagen musste, in ständiger Angst vor einer Attacke oder gar Gasangriff dürften in der Praxis jedoch wenig Unterschied gemacht haben. Die Schlacht am Hartmannswillerkopf wurde letztlich erst durch den Waffenstillstand am 11. November beendet, und zwar im Wesentlichen in den Positionen, in denen sie am Anfang begonnen wurde, hat aber etwa 7500 Menschen das Leben gekostet. Umso beeindruckender war ein Foto auf einer Informationstafel, das die Verbrüderung von deutschen und französischen Soldaten am Waffenstillstandstag zeigt, mit der hoffnungsfrohen Botschaft, dass Hass nicht das letzte Wort sein darf. Gleichwohl kam die endgültige Aussöhnung erst nach einem weiteren Weltkrieg.

Nach dem Rundgang stärkte sich die Projektgruppe in der nahegelegenen Auberge du Molkenrain. Darauf besichtigten die Schüler schließlich das 2014 eingeweihte deutsch-französische Museum auf dem Hartmannswillerkopf („Historial“). In der binational erarbeiteten Ausstellung legten zahlreiche Bilder und Dokumente ein eindrückliches Zeugnis ab für die mörderische Schlacht und die Auswirkungen auf Menschen und Landschaft. Der einstigen Zerstörung ist heute wieder eine natürliche Vegetation gefolgt. Herzlich und einträchtig war die gemeinsame Fahrt und Stimmung unter den deutschen und französischen Projektteilnehmer – auch ein Zeichen für die gewachsene Freundschaft zwischen den Ländern und Menschen in der Grenzregion, die – das lehrt die Geschichte – nie selbstverständlich ist.

[Hbr/Lgb]