Zeitzeugen-AG besucht Illenau

Die Zeitzeugen-AG besuchte diesen Freitag am frühen Nachmittag das Museum in der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Illenau. Die Illenau, die 1842 am damaligen Stadtrand von Achern erbaut wurde, galt nach ihrer Gründung als eine besonders fortschrittliche Heilanstalt mit Vorbildcharakter.

Der Initiator der Neugründung, der Arzt Christian Friedrich Wilhelm Roller, und die ersten Direktoren der Anstalt legten großen Wert auf einen humanen Umgang mit den psychisch erkrankten Patienten. Das galt für die behandelnden Ärzte und Pfleger wie überhaupt in der Unterbringung und in der Therapie der Bewohner. Der Blick auf diese wandelte sich von scheinbar von Gott gestraften Existenzen, die es mit Prügel, Zucht und Ketten ruhigzustellen galt, hin zu Menschen, die bei einem liebe- und verständnisvollen Umgang in der richtigen Umgebung die Chance auf Heilung hatten.  

Die Geschichte der modernen, progressiven Heil- und Pflegeanstalt Illenau fand in der Zeit des Nationalsozialismus ein jähes Ende. Das von Hitler ermächtige „Euthanasie“-Programm leitete die Ermordung zehntausender Anstaltsinsassen im ganzen Reich ein. Über die Opfer wurde bestimmt, dass es sich um „lebensunwertes Leben“ handelt. Damit begann die Einrichtung von Tötungsanstalten wie in Grafeneck auf der Schwäbischen Alb. Dorthin wurden aus der Illenau am 18. Juni 1940 die ersten 50 Patienten mit grauen Bussen deportiert und in der Gaskammer ermordet. Im Gedenkraum, den die AG besuchte, stehen die Namen bisher bekannter Opfer mit ihrem Alter zum Zeitpunkt ihrer Ermordung auf Holztafeln an den Wänden. Darunter findet man auch die Angabe Kehl, Odelshofen, Legelshurst oder Straßburg als Hinweis auf die Heimat- und Geburtsorte der Opfer.

Mit dem neu eingesetzten Anstaltsleiter, dem NS-Arzt Arthur Schreck, begann die Räumung der Illenau: Die Patienten wurden in andere Pflegeanstalten verlegt oder, teilweise mit Umwegen über Zwischenanstalten, in Grafeneck auf der Schwäbischen Alb ermordet. Der Gebäudekomplex der Pflegeanstalt wurde von den Nationalsozialisten daraufhin anderweitig genutzt, u.a. als „Nationalpolitische Erziehungsanstalt“.

Das Museum in der Illenau dokumentiert diese eindrucksvolle und wechselhafte Geschichte der Heil- und Pflegeanstalt in einer übersichtlich gegliederten Darstellung. Diese geht in chronologischer Reihenfolge besonders auf die Anstaltsleiter, die Innovationen und das Leben der Bewohner in der Illenau ein. Dabei wird aber auch das Schicksal einzelner Patienten dokumentiert. Das Museum kann kostenlos und frei betreten werden.

 [HBR]