Autorin Mehrnousch Zaeri-Esfahani erzählt am Einstein-Gymnasium ihre Lebensgeschichte

In der vollbesetzten Cafeteria der Schule nahm Autorin Mehrnousch Zaeri-Esfahani gleich zu Beginn den Achtklässlern die Angst vor einer langweiligen Autorenlesung: „Ich werde nicht vorlesen, sondern erzählen“, kündigte Zaeri-Esfahani an – und dass sie das Interesse und viele Herzen im jungen Publikum gewonnen hatte, zeigte sich spätestens, als die Schülerinnen und Schüler nach zwei Schulstunden ihr immer noch Fragen stellen wollten.

Zaeri-Esfahani bedeutet „Pilger aus Isfahan“. Die Heimatstadt der aus dem Iran stammenden Autorin ist der Ausgangspunkt einer bewegten Biographie, die Mehrnousch Zaeri-Esfahani im Alter von 11 Jahren mit ihrer Familie aus dem Iran als Flüchtling nach Westdeutschland führte. Jahrelanges Ankommen und Sich-Einleben in einem fremden Land haben ihren Alltag als Kind und Jugendliche in Deutschland geprägt. Dass sie ihre Heimat verloren hatte und lange Zeit im Unklaren blieb, ob sie in der neuen bleiben darf, hat Mehrnousch Zaeri-Esfahani in späteren Jahren zu einer wertvollen Helferin für viele gemacht, die nach ihr als Flüchtling nach Deutschland kamen. Ihr Engagement und ihre Arbeit in der Flüchtlingshilfe haben überregionale Anerkennung gefunden. So gewann sie auch den Demokratiepreis des Deutschen Bundestages für die Entwicklung des Spiels „Asylopoly“ im Rahmen des Projekts „Schüler für Flüchtlinge“.

Die „Einstein“-Schüler der 8. Klasse kennen Zaeri-Esfahani aber vor allem als Autorin, denn sie haben im Unterricht ihr autobiografisches Jugendbuch „33 Bogen und ein Teehaus“ gelesen. Eindrucksvoll erzählte Zaeri-Esfahani, wie sie zur Schriftstellerin wurde, indem sie ein altes Paket wieder öffnete – die Erinnerung an ihre ersten Lebensjahre und die Flucht. Als Kind in Deutschland hatte sie diese Erinnerung mithilfe von ihrem Vater verpackt und weggesperrt: „Ich habe aber entdeckt, dass in der Kiste nicht nur Trauriges war, sondern auch Lustiges.“ Ihre schönste Erinnerung hat Zaeri-Esfahani zum Titel ihrer Autobiographie für junge Leser gemacht, denn „33 Bogen und ein Teehaus“ bezieht sich auf die 33-Bogen-Brücke in Isfahan mit ihren einladenden Teehäusern. Mit vielen weiteren Erinnerungen, Anekdoten und Bildern nahm Zaeri-Esfahani die Achtklässler nochmals mit in den Iran ihrer Kindheit. Dort saß sie bei Demonstrationen gegen den Schah auf dem zentralen Platz in Isfahan auf den Schultern ihres Vaters und sah die Menschenwoge auf sich zukommen. Sie berichtete von den dunklen Schatten, die in der Zeit der Islamischen Revolution auf ihren Alltag fielen, ihren Tränen, als „alles verboten wurde, was Freude machte“, vom Kartenspielen bis zu den langen Haaren, die ihr abgeschnitten wurden. Sie schilderte auch die Stationen der Odyssee, die der Vater, von Beruf Chirurg, mit der Familie auf sich nahm, ihrem Dasein als illegale Flüchtlinge in der Türkei, der Ausreisemöglichkeit in die DDR, die sie sofort nach Westdeutschland abschob. Ihre Zuhörer konnten daher verstehen, wenn Zaeri-Esfahani rückblickend festhielt: „Mein Traum war, dass ich wieder ein normales Kind bin.“

Für die Schülerinnen und Schüler war es keine alltägliche Erfahrung, dass man die Autorin einer Schullektüre direkt und ehrlich befragen kann, und Mehrnousch Zaeri-Esfahani ermutigte mit ihren unkomplizierten und humorvollen Antworten dazu. So versiegte auch am Ende der 6. Stunde am Freitag nicht die Neugier und Erzähllust und sogar die beiden Schlumpffiguren, die Mehrnousch Zaeri-Esfahani mit ihrem Bruder im KaDeWe für 2 Mark gekauft hatte, gingen von Hand zu Hand, als läge auch darin das Geheimnis für den Zauber der eigenen Kindheit.

[HBR]