Zeitzeugen-CD erscheint: „Evakuierung und Krieg 1939 bis 1945 – Kehl erinnert sich“

Zum dritten Mal hat die Kooperation von Stadtarchiv und der Zeitzeugen-AG am Einstein-Gymnasium dazu geführt, dass ein Hörbuch mit Erinnerungen von mehr als 120 Zeitzeuginnen und Zeitzeugen zur Kehler Geschichte entstanden ist. Die Audio-Collage „Evakuierung und Krieg 1939 bis 1945 – Kehl erinnert sich“ wurde am 18. Oktober in der Aula des Schulzentrums vorgestellt. Arne Bleckmann bzw. Dominikus Spinner hoben mit ihrer einleitenden Begrüßung und in den Schlussworten die besondere Arbeit der AG hervor.  Grußworte sprachen an dem Abend sowohl Kehls Oberbürgermeister Toni Vetrano als auch Hans-Ulrich Müller-Russell, der Vorsitzende des Historischen Vereins. Dr. Ute Scherb, Leiterin von Archiv & Museum der Stadt Kehl, setzte sich in ihrem zeithistorischen Vortrag mit der ersten Evakuierung der Grenzstadt bei Kriegsbeginn 1939 auseinander. Auch zahlreiche Zeitzeuginnen und Zeitzeugen waren in der Aula als Gäste anwesend; zwei von ihnen, Alfred Wickers und Otty Bräunig, wurden auch auf der Bühne nochmals live interviewt, bevor sie wie alle anwesenden Zeitzeugen das neue Hörbuch und eine Rose von den AG-Mitgliedern geschenkt bekamen. Für die hochklassige musikalische Umrahmung der Veranstaltung sorgten Violinistin Lea Balzar begleitet von Andreas Dilles am Flügel mit dem „Israeli Concertino“ von George Perlman.

Das neue Hörbuch ist wie seine Vorgänger bei der Buchhandlung Baumgärtner und im Stadtmuseum erhältlich.


Über den Inhalt des Hörbuchs:

Nach der parallel zur Ausstellung „Zwischenzeit: Kehl 1944 – 1953“ erschienen CD-Box  „Flucht und Rückkehr“  sowie dem zweiten Teil des Projekts „Kindheit und Jugend 1919 bis 1938“ hat sich die Zeitzeugen-AG dieses Mal den Kriegsjahren der NS-Zeit zugewendet: 

Wie erinnern sich die Befragten an den Kriegsbeginn? Welche Erfahrungen haben die Kehlerinnen und Kehler in der Kriegszeit gemacht, in der Evakuierung auf der Schwäbischen Alb, auf Besuch im deutschen Straßburg, als Pimpf im Jungvolk, im Landdienst oder in einem Haushalt jenseits ihrer Heimatstadt, als Zivilist im Luftschutzkeller oder als Soldat an der Front?

Ein beachtlicher Teil der Interviewten wurde noch in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts geboren, die älteste Zeitzeugin sogar im Jahre 1919. Die Zeitzeugen stammen nicht nur aus der Kernstadt, sondern auch aus Sundheim oder vom Kronenhof, ebenso aus verschiedenen Ortschaften im Umfeld Kehls, zum Beispiel aus Auenheim, Leutesheim oder Bodersweier. Eine der ältesten Zeitzeuginnen, die in der Projektreihe zum ersten Mal zu hören ist, hat Uli Hillenbrand sogar bei Tel Aviv gesprochen. Sehava Ben Seev wurde im Jahre 1924 in Kehl als Hella Kaufmann geboren. Ihre Familie lebte bis zu ihrer Auswanderung im Jahr 1936 in der Nibelungenstraße. Im Prolog der Hörcollage erzählt sie von ihren Kindheits- und Jugendjahren in der Grenzstadt.

Weitere Kapitel der Hörcollage handeln z.B. von den Erfahrungen von Kehler und Kehlerinnen auf der Schwäbischen Alb bei Blaubeuren im Landkreis Ulm in der Zeit der Evakuierung, von Erinnerungen an die Rückkehr nach Kehl im Sommer 1940, an Besuche im deutsch besetzten Straßburg oder an die elsässischen Lehrer an Kehler Schulen während der Kriegsjahre. Ein dritter Teil des Hörbuchs widmet sich insbesondere den Verbrechen und der Radikalisierung der NS-Politik. Sie umfasst z.B. sowohl Erinnerungen an die Deportation der jüdischen Mitbürger in das französische Internierungslager Gurs als auch an verschleppte Zwangsarbeiter auf den Dörfern, an die Behandlung von russischen Kriegsgefangenen oder an junge und erwachsene Opfer des „Euthanasie“-Programms in der NS-Zeit. Der letzte Teil der Hörcollage behandelt insbesondere die Rückkehr der Front in die Grenzregion, die Abläufe bei Fliegeralarm und Luftschutzmaßnahmen in Kehl, schließlich auch Erinnerungen an die Tage, als in Kehl und Straßburg Bomben fielen, besonders an den 25. September 1944.