„Dafür muss man ein Ohr haben …“ – Präventionsprojekt „Achtung?!“ am „Einstein“

Anschläge, ob wie jüngst in Halle von einem einzelnen Menschen oder von terroristischen Gruppen verübt, haben meistens einen Umstand gemeinsam: Die Attentäter haben sich im Vorfeld radikalisiert. Sie sind ihrem ursprünglichen Umfeld oft sehr fremd geworden und haben sich über längere oder kürzere Zeit stark verändert. Oft genug gibt es vor ihrem Handeln Hinweise darauf, dass sie andere Ansichten nicht mehr gelten lassen und sich radikalen Ideen verschrieben haben. Mit der Anziehungskraft und den Gefahren extremistischer Ideologien setzt sich deshalb die Initiative „Achtung?!“ auf vielfältige Weise auseinander. In den vergangenen Jahren war das Präventionsprojekt an vielen Schulen in Baden-Württemberg zu Gast, in der letzten Woche nun in Kehl am Einstein-Gymnasium. Die Idee für das Projekt „Achtung?!“ geht zurück auf das Polizeipräsidium Ludwigsburg. Mit dem doppeldeutigen Titel wird bereits auf die wesentlichen Ziele hingewiesen: „Achtung“ soll ebenso für Wachsamkeit wie für die Achtung von Andersdenkenden stehen. Den Kräften, die in unserer Gesellschaft den Nährboden für Radikalisierung schaffen, wollen die Macher entgegenwirken: „Staat und Gesellschaft dürfen nicht jenen radikalen Kräften das Feld überlassen, die sich der Sinnsuchenden bedienen.“ Achtung vor Andersdenkenden zu vermitteln, aber auch zu sensibilisieren, wenn junge Menschen extremistische Pfade einschlagen, steht daher im Mittelpunkt des Projekts.  

Ein Kernstück stellt dabei das interaktive Theaterstück dar, das alle 9. Klassen am „Einstein“ mit ihren Lehrkräften besucht haben. Gespielt und moderiert wurde es von Laura Pletzer und Daniel Neumann vom Theater „Q-rage“.  Als Theaterstück handelt „Achtung?!“ von der Geschichte einer zerbrechenden Freundschaft. Es thematisiert bespielhaft an Rechtsextremismus und Salafismus, wie die Radikalisierung von Jugendlichen verlaufen kann. Bei den Protagonisten und vor den Augen der jugendlichen Zuschauer in der Aula des Schulzentrums schlugen so Sehnsüchte nach Gemeinschaft, Abenteuer und Gerechtigkeit im Lauf der Handlung in Fanatismus, Intoleranz und Aggressivität um. Die beiden Schauspieler traten dabei immer wieder abwechselnd aus ihren Rollen heraus und banden die Schüler durch Fragen in die Reflexion der Vorgänge ein. Begleitet wird die Theateraufführung von weiteren Modulen, einer separaten Nachbereitung des Themas in der Schule und von der Ausstellung „Weltregionen – Weltfrieden – Weltethos“ der Stiftung „Weltethos“, die in der Cafeteria des „Einsteins“ zu sehen ist: 

16 Tafeln laden dazu ein, die Welt der Religionen zu erkunden und zu untersuchen, worin die Bedeutung ihrer ethischen Botschaften in unserer heutigen Gesellschaft besteht. Zugleich steht die Frage im Blickpunkt, auf welche gemeinsamen Werte, Normen und Maßstäbe ein Wertekonsens aufbauen kann. Das ist besonders in Schulen wichtig, wo die Vielfalt der Herkunft, Lebensweisen und Weltanschauungen besonders ausgeprägt ist, was das „Einstein“ zu einem prädestinierten Platz für dieses Projekt macht. „Achtung?!“ will daher gerade an diesen Orten dazu beitragen, diese Vielfalt zu akzeptieren und zu einem positiven Miteinander zu gelangen, das resistent gegen extremistische Einflussversuche ist.  

[HBR]