Die Magie des Übersetzens - „Harry Potter“-Übersetzer Klaus Fritz zu Gast am „Einstein“

Übersetzer von literarischen Werken fristen kein ruhmvolles Dasein. Im Gegensatz zu den Autoren und Werken kennt ihre Namen meistens kaum jemand und ihre Tätigkeit wird oft sehr gering entlohnt. Dabei tragen sie eine enorme Verantwortung, wollen sie doch dem Leser Literatur in seiner eigenen Sprache zugänglich machen und gleichzeitig dem Original gerecht werden mit ihrer Übersetzung.

Klaus Fritz hat diese Aufgabe an einer Buchreihe gelöst, von der alleine in deutscher Sprache 30 Millionen Exemplare verkauft wurden. Er ist der Übersetzer der deutschen Fassung von „Harry Potter“, dem Zauberlehrling, dessen Schöpferin J. K. Rowling mit ihrem Werk Vorbestellungsrekorde und sensationelle Leserzahlen erreichte.

Für Klaus Fritz begann die unglaubliche Geschichte von Harry Potter mit einem Agenturangebot für eine Probeübersetzung. Ein unglaublicher „Glücksfall“ für ihn, der auch sein Leben einschneidend verändert hat: „Inzwischen kann ich es mir leisten, nur das zu übersetzen, was ich gut finde.“

Anlässlich der 12. Baden-Württembergischen Übersetzertage in Kehl besuchte Klaus Fritz vergangenen Donnerstag das Einstein-Gymnasium. Vor knapp 50 Zehntklässlern und Oberstufenschülern ging er zu Beginn seines Vortrags auf die Grundlagen des Übersetzens ein, die Bedeutung des Kontextes für eine gelungene Übersetzung. Der Sinn eines Wortes lasse sich nur mit dem zusammenhängenden Satz, den Kapiteln, letztendlich mit dem Werk als Ganzem begreifen. Welche Sprache, welchen Stil verwendet der Autor? Zugleich müsse man sich auch immer die Frage stellen, für welches Publikum übersetzt werde, welches Wissen dieses mitbringe.

Bei „Harry Potter“ wollte Klaus Fritz ganz bewusst die „Britishness“ der Geschichte bewahren, um die Atmosphäre nicht zu löschen: „Wir haben den Anspruch, ‚Harry Potter‘ so zu übersetzen, dass es die gleiche Wirkung hat wie im Englischen.“ Wirkungsäquivalenz ist für Fritz daher ein Schlüsselbegriff bei seiner Arbeit.

Die Problematik und Hürden einer Übersetzung demonstrierte Fritz  an einer Reihe von Beispielen aus den „Harry Potter“-Romanen. Wie soll der Übersetzer mit Wortneuschöpfungen im Englischen umgehen („He looked into Dumbledore’s pensieve...“)?

Wie lassen sich Wortspiele ins Deutsche übertragen („They called those  … please-men…“)?

Worauf muss der Übersetzer bei sogenannten „false friends“ achten („Diagonal Alley“)?

Im Dialog mit den Schülerinnen und Schülern entwickelte Fritz anschaulich Lösungen für diese Schwierigkeiten und hob die Kunst des Abwägens hervor, wenn sich sprachliche Besonderheiten des Originalwerks nicht in allen Facetten übertragen lassen: „Wir müssen manchmal verhandeln.“

Auch in der anschließenden Fragerunde lieferte Klaus Fritz spannende Einblicke in seine Tätigkeit als Übersetzer und seine Arbeit an „Harry Potter“. So habe er im weiteren Verlauf der Reihe die Texte unter Geheimhaltung persönlich in England abgeholt, um möglichst früh mit der Übersetzung beginnen zu können. Lange Diskussionen mit Lektoren gehörten ebenso zum Alltag des Übersetzers, verriet Fritz, wie kleinere Änderungen, die er etwa in Neuauflagen der „Harry Potter“-Reihe vornahm.

Ob künstliche Intelligenz und Maschinen die Tätigkeit des menschlichen Übersetzers demnächst beerdigen werden?

Klaus Fritz glaubt nicht daran, dass Google und Co. die Poesie der Sprache gleichwertig erfassen können:

„Der menschliche Übersetzer erkennt, wenn etwas Neues in die Welt kommt, in die Sprache.“

 

[HBR]