Lesung in der Friedenskirche - „Einstein“-Schülerinnen gestalten den Holocaust-Gedenktag am 27. Januar mit

Der 27. Januar ist seit 1996 nationaler Gedenktag in Deutschland. Das Datum bezieht sich auf die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 durch sowjetische Soldaten. Der Arbeitskreis „27. Januar“ (der sich zusammensetzt aus Vertretern der Stadt Kehl, beider Kirchen und Kehler Schulen) gestaltet seit vielen Jahren Veranstaltungen an diesem Gedenktag, der der Erinnerung aller Opfer des Nationalsozialismus gewidmet ist.

70 Kehler NS-Opfer besitzen mittlerweile durch die Verlegung von Stolpersteinen einen Ort, an dem ihrer namentlich gedacht wird. Ein Teil dieser besonderen Steine wurde am vergangenen Freitag in einer vom AK „27. Januar“ initiierten Aktion gereinigt, sodass die Namen auf den Messing-Täfelchen der Stolpersteine wieder sichtbar wurden. Sie liegen in der Regel vor den letzten (frei gewählten) Wohn- und Arbeitsorten der Opfer. Während der Polieraktion, bei der zwei Gruppen jeweils eine eigene Route abliefen, wurden auch einzelne Biographien der Menschen vorgestellt, die als jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger bis zu ihrer Ausgrenzung und Verfolgung integraler Bestandteil der Gesellschaft waren.

Im Anschluss an das Reinigen der Stolpersteine fand in der Kehler Friedenskirche eine Gedenkveranstaltung statt. Neben kurzen Ansprachen trugen hier sowohl Schülerinnen des Lycée Kléber in Straßburg als auch Schülerinnen des „Einsteins“ biographische Texte vor, die sich um das Schicksal der Familie Rosenthal drehten. Claus Rosenthals Vater war einst ein angesehener Kehler Arzt, der mit seiner Familie in der Hauptstraße lebte und dort in den 20er- und 30er Jahren über dem heutigen Kino seine Wohn- und Praxisräume hatte. Nur die Söhne der Familie überlebten die NS-Zeit. Claus Rosenthal verfasste später einen Lebensbericht über sein Schicksal seiner Familie. Aus seiner „Hagada des 20. Jahrhunderts“ lasen die Oberstufenschülerinnen Claire Eschemann, Milena Hotopp und Lara Kulic ausgewählte Passagen vor. Dazu wurden O-Töne von Kehler Zeitzeugen abgespielt, die sich an Dr. Karl Rosenthal erinnerten sowie ein O-Ton seines Sohnes, der von seiner Zeit an der Oberrealschule (aus der das Einstein-Gymnasium hervorging) erzählte. Claus Rosenthal überlebte selbst mehrere Lager in der NS-Zeit und wanderte in den 50er Jahren mit seiner Frau nach Buenos Aires aus. Er starb im Alter von 96 Jahren – am 27. Januar 2021.

[HBR]

27. Januar

Foto: Kehler Zeitung