Menschen(-rechte) bewegen

Mit „HUMAN“ bieten die Zehntklässler*innen einen einmaligen Tanz-Abend

Sie stehen unter Druck, werden bedroht und attackiert, verletzt und abgesprochen in vielen Teilen der Welt. Sie müssen sich oft mächtigen Interessen unterordnen oder der Gewalt in Konflikten und Kriegen weichen – und doch bleiben sie, selbst in düstersten Stunden bestehen, als Ideal der Völkergemeinschaft, als Sehnsucht zahlloser Menschen. Sich mit Menschenrechten zu beschäftigen, das kann im Unterricht allerdings ein trockenes Thema sein. Das Gegenteil stellt das HUMAN-Projekt dar, das am Einstein-Gymnasium für ein besonderes Highlight am Schuljahresende gesorgt hat.

Der Initiator des einzigartigen Kulturprojekts, der Komponist Helge Burggrabe, will mit HUMAN die Kraft der Musik im Einsatz für die Menschlichkeit nutzen. Mit seinem Werk für Orchester und Percussion schuf er eine Grundmelodie, inspiriert von den 30 Artikeln der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in der UN-Generalversammlung vor 75 Jahren. Die Menschenrechte müssen Menschen bewegen, ist Burggrabe überzeugt, und zwar auch im buchstäblichen Sinn. Daher ist für ihn auch besonders die Umsetzung im Tanz eine Möglichkeit, kraftvoll und kreativ universellen Werten persönlich und als Gemeinschaft Ausdruck zu verleihen. Wie das aussehen kann, konnten alle 10. Klassen in einem gemeinsamen Tanz-Projekt die vergangene Schulwoche anstelle des normalen Unterrichts erleben.

Was auf großer Bühne in Bremen und Brüssel startete, wurde nun auch am „Einstein“ verwirklicht. Unter Leitung eines internationalen Choreografen-Teams um Wilfried van Poppel und Amaya Lubeigt setzten die Zehntklässler*innen in einer Woche das Konzept „Five days to dance“ in die Tat um: Im gemeinsamen Proben, unabhängig von Vorkenntnissen und persönlichem Hintergrund, entwickelten sie im Tanz Ausdrucksformen für elementare Bestandteile des Mensch-Seins, seien es beispielsweise Liebe und Grundbedürfnisse, Freiheit und Gleichheit, Gemeinschaft und Tod. Dies alles floss Freitagabend in einer großen, 45-minütigen Choreografie, begleitet von der „HUMAN“-Musik, zusammen.

In der Turnhalle des „Einsteins“ vor zahlreichen Eltern, Angehörigen, Geschwistern, Freunden, Lehrer*innen und Gästen boten jene Zehntklässler*innen, die bis zum Schluss das einmalige Angebot angenommen hatten, einen faszinierenden, mutigen Tanz-Abend. Rund 40 Schüler*innen bewegten das Publikum mit ihrer Aufführung, in der sie kontrast- und spannungsreich das menschliche Leben tanzend ausloteten – in einzelnen Gruppen und isoliert, frei und gebunden auf der Tanzfläche. Im Finale des „Community Dance“ kam die gesamte Gruppe schließlich als Kollektiv zusammen. Die Freude und der Stolz auf das Erreichte war den ausgepowerten Schüler*innen anzumerken, als der frenetische Beifall des Publikums die Spannung am Schluss löste. Das enthusiastische Lob der Choreografen für die besondere Leistung der Schüler*innen gehörte ebenso zum Ausklang des Abends wie der Dank an die zahlreichen Beteiligten und Unterstützer*innen.

„Einstein“-Lehrer Hauke Burggrabe, der Bruder des Komponisten, hatte das „HUMAN“ ans Gymnasium geholt und die Gesamtorganisation bewerkstelligt. Schulleiter Dominikus Spinner setzte sich ebenso für das Projekt ein wie die Elternbeiratsvorsitzende Nadja Hörterer. Finanzielle Unterstützung für die Projektkosten erhielt das Projekt vom Förderverein des EGs, der Volksbank Bühl, der Badischen Beamtenbank, dem Lions Club Kehl, der Bürgerstiftung Kehl und vielen privaten Spender*innen. Begleitend zu dem Tanz-Projekt wurde auch über das Schuljahr in verschiedenen Klassen und Stufen das Thema „Menschenrechte“ fokussiert, z.B. in Übungen zur Menschenrechtsbildung, im Gemeinschaftskunde-Unterricht oder in der Kunst. So nahmen sich die die BK-Lehrer*innen Birte Graßhoff, Jana Nehring und Fedor Zimmermann der Projekt-Frage „Was trage ich bei zu einer menschlicheren Welt?“ auf besondere Weise an. Die universelle Frage nach einer menschlicheren Welt wurde angepasst an die Alltagsrealität der Schüler*innen: Was kann ich aktiv tun für eine gerechte und friedliche Schule? Die Antworten wurden rund um einen Stern geschrieben. Dieser fünfzackige Stern, den Hollywoodsternen in Los Angeles nachempfunden, wurde von den Schüler*innen im Kunst-Unterricht individuell gestaltet und verkörperte die individuellen Hobbys, Vorlieben, Stärken bis hin zu Lieblingsvereinen (die teilnehmenden Projektklassen: LK 11 BK, 10c, 7a, 7b, 7c, 7d, 6a, 6b, 6c, 6d). Die ca. 250 Papiertüten geleiteten die Besucher*innen am Tag der Aufführung vom Außengelände ins Innere der Sporthalle, wo sie das Publikum großzügig umrahmten. Dort zeigten die Zehntklässler*innen dann, wie Menschenrechte auf eine einmalige Weise bewegen können.

(Hbr)