New York statt nur York - „Einstein“-Schüler besteigt falsche Fähre

„Hat England auch eine Freiheitstatue?“ – diese Frage an sich selbst hätte Kevin M. aus der 8b des Einstein-Gymnasiums misstrauisch machen können. Schließlich sollte er mit der traditionellen York-Fahrt der 8. Klassenstufe die englische Hafenstadt Hull erreichen und nicht die Millionenmetropole jenseits des Atlantiks. Was war passiert? „Ich bin Kehl noch mit allen anderen an der Vogesenallee in den Bus am Sonntagmorgen gestiegen“, erzählt Kevin M. heute in gelöster Stimmung. Nach einigen Stunden Busfahrt wurde ihm allerdings das Handy abgenommen von Lehrerin P. Knoll: „Kevin hatte andauernd Unsinn gemacht und hatte eine ganze Flasche Cola über die Sitze geleert!“ Der Beschuldigte verteidigt sich: „Ich war gestoßen worden! Ständig werde ich für den Quatsch meiner Mitschüler verantwortlich gemacht!“ Es half nichts, Kevin bekam das Handy abgenommen und wurde auf den letzten Platz im Bus verbannt. Angekommen am Fährterminal in Rotterdam brach dann Hektik aus. Die organisierende Betreibergesellschaft des „Educational Stay in York“ hatte die Kabinennummern aller Schüler*innen durcheinandergebracht – ein Horrorszenario für die begleitenden Lehrer*innen. Im entstehenden Chaos mit neuen und alten Tickets rannten einzelne Schülergruppen im Terminal zur Gangway. Kevin lief zu Frau Knoll: „Ich wollte natürlich mein Handy wiederhaben. Aber Frau Knoll hatte keinen Kopf für mich, da hab einfach selbst in ihrer Tasche gesucht.“ Als die Zeit schließlich eilte, nahm Kevin die Tasche suchend mit. „Vor mir lief ein Mann, der aussah wie Herr Kiefer, dem bin ich gefolgt …“ – ein folgenschwerer Irrtum, wie sich herausstellte. Statt der Fähre „Pride of Hull“ über den Kanal begab sich Kevin mit dem Kreuzfahrtschiff „State of Liberty“ über den Atlantik. „Ich hab mich schon etwas gewundert, wo die anderen sind“, meint Kevin heute rückblickend, „aber ich war so vertieft in mein Handyspiel, dass ich es nicht richtig mitbekommen habe.“ Als sich ein französisch sprechender Passagier an den unbegleiteten Schüler wandte, wehrte dieser ab: „Der hat wohl gedacht, dass ich in einer bilingualen Klasse bin, bin ich aber nicht.“ Anders als befürchtet, stellte sich Kevin am Ankunftsort auf die Gegebenheiten ein: „Ich hatte mir York ganz anders vorgestellt, aber es war trotzdem okay.“ Das mag auch daran liegen, dass er immer noch die Tasche seiner Lehrerin – mit einigem Bargeld und Kreditkarten – besaß. „Ich habe die Pfund ohne große Umstände in Dollar umtauschen können.“ Zum angenehmen Aufenthalt trug auch bei, dass Kevin statt in einer englischen Gastfamilie mit drei Mitschülern eine Suite im „New York Plaza Hotel“ bezog. „Nur mein Handy hatte ich nicht, sonst hätte ich ja die anderen anrufen können.“ Die begleitenden Lehrer*innen bemerkten erst auf der Fähre, dass Kevin fehlte. Besonders unangenehm war ihnen der Umstand, dass sie bereits Kevins Bruder vor Corona bei der Stufenfahrt (damals zuhause) vergessen hatten. Eine Fortsetzung soll es im nächsten Jahr nicht geben, geloben die Organisatoren.

01.04.2023