Über 30 Jahre, von 1968 bis 2000, unterrichtete Manfred König am Einstein-Gymnasium die Fächer Mathematik und Physik. Für nicht wenige Schülerinnen und Schüler war er der „beste Mathelehrer ever“, der sie durch das Mathe-Abitur gebracht hat. Am 5. September verstarb Manfred König im 89. Lebensjahr. Ehemalige Kolleginnen und Kollegen, die Herrn König teilweise sogar noch selbst im Unterricht erlebten, erinnern sich hier an den beliebten Pädagogen und Fachabteilungsleiter in Mathematik und Physik am „Einstein“:
Andreas
Dilles:
Herr König war mein Mathelehrer in der 11. Klasse. Bei ihm
habe ich Mathe endlich kapiert, woran ich gemerkt hatte, dass meine vorherigen Mathelehrer
offensichtlich unfähig waren. Er konnte ganz hervorragend erklären. Was ihn
besonders ausgezeichnet hatte war seine stoische Ruhe, die er immer und überall
an den Tag legte. Ich habe mit Wolfgang Fleig oftmals einen Gag gemacht. Ich
war bekanntermaßen oft sehr schnell im Schulhaus unterwegs. Wolfgang hat mich
dann gebremst und wir sind gemeinsam sehr gemächlich weitergegangen. Das
nannten wir dann den „Manfred-König-Gedächtnisschritt“.
Andrea von
Lossau (Ausschnitt aus der Rede zur Gedächtnisfeier)
Herr Manfred König war
für uns weit mehr als nur unser Mathematiklehrer. Er war ein Mensch, der mit
Geduld, Wärme und Menschlichkeit unterrichtete. Für viele war Mathematik
vielleicht nicht das einfachste Fach – und doch ist es Herrn König gelungen, auch
diese Schüler mitzunehmen. Nicht mit Druck, sondern mit Verständnis. Nicht mit
Strenge, sondern mit Ernsthaftigkeit und echtem Interesse. Und mit einem ganz
eigenen, oft leisen Humor, der manches komplizierte Thema leichter machte. Er
war kein Zyniker, kein Abhakender – sondern jemand, der das Gute im Menschen
sehen wollte. Und der uns, seine Schülerinnen und Schüler, in unserer
Individualität wahrnahm. Ich denke, viele von uns tragen noch lebendige Bilder
in sich – seine ruhige Präsenz auf dem Flur, der kleine Scherz am Rande, der
überraschend passende Vergleich an der Tafel. Oder jene Momente, in denen wir
nicht nur den Lehrer sahen, sondern den Menschen. Unvergessen bleibt etwa die
Szene bei unsrer kleinen internen Abiturfeier im Rheinvorland, als Herr König –
ganz zur Erheiterung aller – schwankend auf einem Klapprad unterwegs war. Oder
der Moment auf der Schultreppe, als er einem notorischen Zuspätkommer mit einem
augenzwinkernden Zickzack-Lauf den Vortritt ließ. Kleine Augenblicke – und doch
sagen sie viel über ihn aus.
Ein besonders
berührendes Zeichen seiner Zugewandtheit war die Karte, die er uns zum Jubiläum
schrieb. Trotz gesundheitlicher Einschränkungen hatte er das Schreiben neu
gelernt. So konnte er uns zum 50. Jährigen Abitur ein paar persönliche Zeilen
zu widmen. Diese Geste hat uns tief bewegt. Sie war so typisch für ihn:
aufmerksam, herzlich, zugewandt.
Nicht jeder Lehrer
bleibt nach so vielen Jahren so lebendig in Erinnerung. Herr König aber hat
Spuren hinterlassen – in Köpfen und in Herzen. Eine dieser Spuren hing im
wahrsten Sinne des Wortes an der Wand: Ein Scherenschnitt-Porträt von Herrn
König, unserem King, wie wir ihn nannten, entstanden im Kunstunterricht. Er hing
jahrelang an der Wand einer ehemaligen Schülerin – Ausdruck von Wertschätzung,
von stillem Respekt und tiefer Bewunderung. Wer hat das je bei einem
Mathelehrer erlebt? […]
Für mich war Herr
König ein Vorbild – so sehr, dass ich selbst Lehrerin wurde. Er hatte mich so
für die Mathematik begeistert, dass wie schließlich am Einstein Kollegen
wurden.
Wir alle, der
Abijahrgang 1972, hatten gehofft, ihn vielleicht noch einmal bei einem unserer
Abitreffen wiederzusehen – ihm persönlich zu sagen, wie dankbar wir sind. Dass
das nun nicht mehr möglich ist, erfüllt uns mit Traurigkeit. Und doch hoffen
wir, dass all die guten Gedanken, die liebevollen Erinnerungen und die Spuren,
die er in unserem Leben hinterlassen hat, ihn auf seine Weise begleiten. Er
war, wie wir damals auf einer Karte schrieben: ‚Simply the best.‘ Und wir sind
– von Herzen – dankbar, dass er unser Lehrer war.“
Ulrich Gierth:
Herr König war mein einführender Lehrer und ich verdanke
ihm viel. Sein Unterrichten beeindruckte durch dessen besondere Klarheit,
angefangen bei den Begriffen bis hin zum Tafelanschrieb und vor allem durch die
alle erfassende Atmosphäre konzentrierten Überlegens. In den Jahren, wo es
statt einer Abiturfeier nur einen Umtrunk auf einer Obstwiese gab, sagte einmal
eine Abiturientin treffend: „Der Herr
König schafft es immer, dass die ganze Klasse in Mathematik nachdenkt.“ Ein
Beispiel:
Zum Üben und Vertiefen des Funktionsbegriffs standen an
der Tafel die zwei Funktionsgleichungen fa(x) =1 und fb(x)
= x/x und die Frage war, ob beide dieselbe Funktion beschreiben. Intuitiv
möchte man dies bejahen, aber die Antwort ist nein, denn eine Funktion ist eine
eindeutige Zuordnung und, da fa dem Argumentwert 0 keinen
Funktionswert zuordnet, während fb(0)
= 1 ist, sind die beiden Zuordnungen nicht identisch.
Ein Schwerpunkt in der Mathematik Oberstufe sind dann
Funktionsuntersuchungen, bei denen die Achsenschnittpunkte, Hoch-, Tief- und
Wendepunkte des Schaubildes der Funktion zu bestimmen sind, damit man die Kurve
zeichnen kann. Vertiefend lohnt es sich dabei zu fragen, was geschieht, wenn
der eine oder andere Parameter der Zuordnungsvorschrift verändert wird. Der in
einer Abizeitung zitierte Satz Herrn Königs: „Schaut in eure Kurven rein und
überlegt …” fiel in diesem mathematischen Zusammenhang.
Einstein-Gymnasium
Vogesenallee 24
77694 Kehl