„Ich bin schon hier!“ – Märchenerzählerin besucht Fünftklässler

Für einen Vormittag verwandelte sich diesen Dienstag das ETM in eine zauberhafte Stube. Wer es betrat, dessen Blick fiel nicht wie üblich auf die PC-Arbeitsplätze oder Bücherregale, sondern auf Sitzkissen, die runden Schemeln aus Baumscheiben mit Jahresringen glichen. An der linken Seite thronte eine lange Tafel, auf deren roter samtenen Tischdecke ungewöhnliche Gegenstände lagen, etwa eine große Schatztruhe, eine goldene Kugel, ein knallroter Apfel, weiße Säckchen und ein hölzernes Spinnrad mit goldenen Spulen, als hätte Rumpelstilzchen gerade Stroh zu Gold gesponnen. Hinter den Kulissen steckte allerdings kein böser Fluch oder ein Zauberspruch, sondern die professionelle Märchenerzählerin Katrin Bamberg, die am Einstein-Gymnasium ihr Lager aufschlug. Alle 5. Klassen zog sie nacheinander eine Schulstunde lang in ihren Bann, nicht mit einer Hightech-Vorführung, sondern indem sie anschaulich und lebendig klassische Märchen erzählte. Unterstützt wurde sie dabei lediglich von einer kleinen Puppenbühne, auf der sie zu ihren Erzählungen passende Bilder zeigte. Da lief der Hase durch die Ackerfurche seinen vergeblichen Wettlauf gegen den Igel (und seine Frau), der immer schon da war. Ein Jäger versteckte sich mit tierischer Hilfe im Maul eines Fisches im tiefsten Gewässer und auf den Schwingen eines Adlers hoch am Himmel vor einer suchenden Prinzessin. Die gefallene Königstocher weinte bitterlich den Besitztümern des Königs Drosselbart nach, den sie verspottet hatte. So verging die Zeit wie im Flug und die von der Märchenerzählerin mitgebrachte Sanduhr, die ein Schüler zu Beginn umstürzen durfte, war bald abgelaufen. Ganz offenbar hat die Magie vieler Märchen bis heute ihre Kraft nicht eingebüßt hat, wenn man einen wahren Erzähler und gute Zuhörer findet.

(HBR)