Soziales Lernen – Zehntklässler im Sozialpraktikum

Ein soziales Pflichtjahr gibt es in Deutschland nicht, auch wenn es mancher gerne einführen würde. Soziales Engagement lässt sich nicht erzwingen, halten andere dagegen und setzen sich für eine größere Attraktivität von freiwilligen Diensten für das Allgemeinwohl ein. Große Mehrheiten sind sich vermutlich einig, dass die Bedeutung solcher Dienste für die Gesellschaft und ihren sozialen Zusammenhalt nicht zu unterschätzen sind.

Damit das soziale Engagement nicht versiegt und junge Menschen auch frühzeitig soziale Kompetenzen lernen können, organisieren viele Schulen Sozialpraktika. Auch am Einstein-Gymnasium erkundeten Schülerinnen und Schüler einen sozialen Beruf bzw. eine sozial-karitative Einrichtung. Das zweiwöchige Praktikum haben alle 10. Klassen nach den Osterferien absolviert. Im Unterricht ist es an das Fach Religion bzw. Ethik angebunden. Ob Kindertagesstätte, Seniorenheim, Bahnhofsmission, Klinikum, Gemeinwesenarbeit, Tafel, Jugendkeller oder Diakonie – in zahlreichen Einrichtungen sammelten die „Einsteiner“ reichlich Erfahrungen im Umgang mit Menschen, die Hilfe und Unterstützung im Alltag benötigen, mit Kindern und erwachsenen Menschen, die betreut oder gepflegt werden müssen. Zehntklässler Maksim Petrovic verbrachte so einige Tage mit Menschen, die deutlich älter sind als seine Mitschüler in der Klasse 10a. Die Senioren in der Tagespflege Willstätt begleitete er zum Beispiel bei Spaziergängen und spielte Schach mit ihnen: „Ich war überrascht, wie aktiv die Menschen in diesem Alter noch gewesen sind – man konnte gute Gespräche führen.“ Lisa Haas und Elisa Klem waren dagegen von viel jüngeren Menschen umgeben als normalerweise am Vormittag im Unterricht. In der integrativen Kita St. Raphael in Sundheim lasen, spielten, bastelten, bauten und malten sie mit 3- bis 6-jährigen Kindern. Auch ein Tagesausflug zum Bauernhof fiel in die Praktikumszeit. Die Betreuung hat ihnen sehr gefallen: „Am Anfang waren die Kinder noch etwas schüchtern, aber nach der Eingewöhnung am 1. Tag haben wir schnell ein prima Verhältnis gehabt“, fasst Lisa zusammen. Wie ihre Mitschülerin Elisa kann sie sich gut vorstellen, diesen Beruf nach dem Abitur anzustreben, die Zuneigung und der Umgang mit den betreuten Kinder waren eine sehr positive Erfahrung. Das bestätigen auch ihre Betreuer in der Kita, die die Schülerinnen und ihre Arbeit als „Entlastung und nicht als Last“ empfunden haben. „Einsteinerin“ Charla Sikora betreute wiederum in der Außenstelle der Diakonie in Willstätt Menschen mit unterschiedlichen Graden an körperlicher und geistiger Beeinträchtigung. Die Individualität der Bewohner lernte sie dabei ebenso kennen wie die Herausforderungen, welche die Bewältigung des Alltags für sie erfordert. Ob beim Vorlesen, beim Helfen in der Küche und in der Hauswirtschaft, beim Begleiten zum Einkauf oder beim Organisieren des Gartenfests hat sich Charla auch in den Augen ihrer Betreuerin „super eingelebt“, dass sie sie nach den zwei Wochen ungern wieder verliert. Und auch Charla hat den Eindruck, dass sie in diesem Arbeitsfeld später einsteigen möchte. Auch wenn es also nur ein zweiwöchiges Praktikum ist, zeigen die Erfahrungen und Berichte der Schülerinnen und Schüler danach, wie wertvoll und gewinnbringend das soziale Engagement ist – für alle Beteiligten.

[HBR]