Drei neue Stolpersteine in Kehl - „Einstein“-Schülerinnen und -Schüler gestalten Verlegung für NS-Opfer

Hermann Blank, Richard Naumburger und Therese Ehrle waren alle jüdischer Herkunft und lebten mit christlich getauften Ehepartnerinnen bzw. Ehepartner zusammen. Solche interreligiösen Partnerschaften waren bereits vor dem Jahr 1933 eine Besonderheit und konnte für die Eheleute bedeuten, dass sich ihr Umfeld von ihnen distanzierte oder auf Abstand ging. Doch unter der nationalsozialistischen Herrschaft gerieten diese Ehen besonders unter Druck und ins Fadenkreuz der NS-Politik. Dabei half es den Betroffenen auch nicht, wenn sie schon lange konvertiert waren oder aus der jüdischen Religionsgemeinschaft austraten.

Die Nürnberger Gesetze verboten 1935 Eheschließungen zwischen Jüdinnen und Juden und „Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes“. Bereits vor der NS-‚Gesetzgebung‘ bestehende Ehen wurden nun als sogenannte „Mischehen“ diskriminiert, die nach absurden Definitionen als „privilegiert“ oder „nichtprivilegiert“ eingestuft wurden. Bei Tod oder Scheidung des christlich getauften Ehepartners oder der Ehepartnerin wurde der jüdische Partner deportiert. So wurde etwa Hermann Blank, der viele Jahre im Kehler Krankenhaus gearbeitet hatte, wenige Wochen nach dem Tod seiner Frau von der Gestapo im Alter von 68 Jahren abgeholt – ermordet wurde er am 16.05.1944 in Auschwitz.

Die Ehen von Richard Naumburger und Therese Ehrle hielten den politischen Maßnahmen und der gesellschaftlichen Ausgrenzung in der NS-Zeit nicht stand, zumal die wirtschaftliche Basis stark gefährdet war: Beide flohen noch vor Kriegsbeginn nach Frankreich, ihre Ehepartner ließen sich scheiden. Die NS-Verfolgung machte aber auch in Frankreich nicht Halt. Richard Naumburger starb nach seiner Verhaftung und Odyssee durch zahllose französische Lager schließlich in Auschwitz, wohin er Ende August 1942 deportiert wurde. Therese Ehrle überlebte wie durch ein Wunder Auschwitz und Bergen-Belsen und emigrierte nach dem Krieg nach Amerika.

Schülerinnen und Schüler des Einstein-Gymnasiums als auch zwei Ehemalige gestalteten durch szenische Lesungen und biographische Vorträge die Verlegung der Stolpersteine an den letzten Wohnadressen von Hermann Blank, Richard Naumburger und Therese Ehrle in Deutschland. Der Künstler Gunter Demnig, der in den 90er Jahren diese Form des dezentralen Gedenkens initiierte und bis heute zehntausende Stolpersteine für die Opfer des Nationalsozialismus in zahlreichen europäischen Ländern verlegt hat, nahm das Einlassen der kleinen Betonquader selbst vor.

Auf den kleinen Messingplatten befinden sich nun in der Kasernenstr. 8, Kinzigstr. 33 und Gustav-Weis-Str. 8 die Inschriften der Menschen, derer am Samstag vor Schulbeginn gedacht wurde. Begrüßt wurden die Gäste von Pastoralreferent Martin Kramer, der auch Mitglied des „Arbeitskreises 27. Januar“ ist. Dieser bereitet und plant die Stolpersteinverlegungen in Kehl, unterstützt durch die umfangreichen Recherchen von Ute Scherb, der Leiterin von Museum und Archiv der Stadt Kehl. Oberbürgermeister Wolfram Britz hielt zudem eine Ansprache und erinnerte an die Bedeutung des Gedenkens im Angesicht demokratiefeindlicher und völkischer Bestrebungen. Musikalisch würdig umrahmt wurde die Stolpersteinverlegung von Violinistin Lea Balzar und Michael Klett.

[HBR]

Fotos: Stadt Kehl